04.02.2016 - Altweiberfastnacht in Düsseldorf - Welt-Krebs-Tag all over the world
In Düsseldorf beginnt heute der Straßenkarneval, leider bei Regen und auch mit ganz schlechten Prognosen für die kommenden tollen Tage. Rührt mich nicht so sehr, meine wilden Jahre sind lange vorbei, für dieses Jahr haben wir uns nur vorgenommen, am Joseph-Beuys-Ufer die großen Wagen anzuschauen, von hier starten sie zum Rosenmontagszug quer durch die Altstadt.
Mich plagen ganz andere Gedanken und Ängste. So hatte ich gestern das Gefühl, ich müsse mich bei der KMT-Ambulanz (Knochenmarktransplantations-Ambulanz) der Uniklinik mal kurz in Erinnerung bringen.
Bedanke mich also artig in einer mail bei Frau P., der wunderbaren Sekretärin "meines" Transplantationsmediziners, für die stete Unterstützung, berichte ihr von der Myelofibrose-Patientengruppe, die ich auf Facebook gegründet habe und schreibe ihr, dass ich oft das Gefühl habe, als einzige der Gruppe wirklich umfassend aufgeklärt zu sein.
Bitte sie, meinen Dank für all die Erläuterungen und Erklärungen zur Krankheit und das was in nächster Zeit passieren soll, an Prof. K. weiterzuleiten. Irgendwann bekomme ich dann die Kurve und frage durch die Brust ins Auge "gibt's irgendeine neue Information in Sachen Fremdspendersuche?" Schließlich haben schon zwei Patientinnen aus meiner Gruppe einen Spender gefunden, nach unfassbaren 4 Wochen, das ist schlichtweg unglaublich. Ein 6er oder mehr im Lotto...
Zwei Stunden später ploppt eine email auf, Absender Elke P., die angeschriebene Sekretärin: "Der Befund der Fremdspendersuche wird geschrieben und liegt uns heute, spätestens morgen vor. Wir melden uns dann natürlich bei Ihnen. ..."
Ich kapiere zunächst nichts, mein 1. Gedanke ist: sie haben einen Spender, ich schreie nach meinem Mann, stell Dir vor, ich glaub', sie haben einen Spender... und muss heulen, bin komplett neben mir, klapper am ganzen Leib. Dann jedoch bin ich völlig unsicher: warum schreibt sie nicht einfach - JA, wir haben jemanden, der für Sie passt!??
Es ist halb drei, ich bleibe den ganzen Nachmittag vor dem Rechner sitzen, schiele auf mein Handy, zucke bei jedem Signalton zusammen, abwarten. Ich hasse warten, mir ist schlecht, am liebsten würde ich einen Ramazzotti trinken. Bin völlig aufgelöst, muss wieder weinen, rufe Mama an und mein Kind. Schreibe meinen Freundinnen in unserer geschlossenen Gruppe, dass ich glaube, dass...
Nichts... der Tag verrinnt und nichts passiert, die Nacht ist die Hölle, ich bekomme kein Auge zu, habe Bauchweh und kriege bestimmt einen Herzinfarkt. Irgendwann ist endlich Morgen, ich muss zu meiner Internistin, ein Rezept holen, dann schnell zum Bäcker, Berliner Ballen einshoppen, im Supermarkt nebenan 1 Flasche Crémant bunkern und dann eile ich ins Labor. Bringe es fertig, den Kollegen kein Wort zu sagen. Unser Plan ist "easy going" bis mittags, dann ist frei. Stattdessen klingelt alle 2 Minuten das Telefon, dieser und jene brauchen dieses und jenes, irgendwann schaffe ich es, einen Kaffee zu kippen, easy going ist anders.
11.05h - mein Handy klingelt und ich sehe 0211 - 811... - meine Knie werden weich, muss mich setzen, in meinen Ohren rauscht es und ich höre "Liebe Frau Kallen, der Befund liegt uns vor und nun möchte ich gerne einen Termin mit Ihnen vereinbaren, damit Prof. K. das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen kann."
Ich verstehe wieder NICHTS und frage leise, sehr leise: "...bedeutet das, es gibt einen Spender für mich?" Und endlich sagt sie es: JA! Sie haben irgendwo auf dieser Welt meinen genetischen Zwilling gefunden. Wir verabreden einen Termin für die kommende Woche, ich kann mit Mühe die Fassung wahren und klappe mit dem Auflegen zusammen. Ich kann nicht mehr...
Seit 4 Monaten habe ich schwarz auf weiß, dass meine Erkrankung tödlich ist. 7 Wochen musste ich seinerzeit auf die Diagnose warten - und habe es doch eigentlich von Anfang an gewusst. 6 Monate Angst. 6 Monate voller Schmerzen und Theater, Arztbesuchen, Medikamente, ständig etwas anderes, Tage an denen ich unfähig war, mich zu bewegen, Übelkeit, Druck, die riesige Milz von außen sichtbar.
Und jetzt? Nachdem ich meine Tränen getrocknet habe, öffne ich die Tür meines Büros, gehe langsam zu Elza und Marco, die anderen sind im Moment nicht im Hause. Elza schaut mich an wie ein Gespenst: Wimperntusche und Eyeliner laufen in schwarzen Spuren über mein Gesicht - "Ich habe einen Spender!" Umarmungen und Glückwünsche, Tränen. Ich rufe Peter an, meinen Mann, mein Kind, meine Mutter, spreche mit Karin, meiner Freundin. Kann nicht denken.
Schreibe:
"11.05h Anruf des KMT der Uni-Kliniken Düsseldorf: ICH HABE EINEN STAMMZELL-SPENDER!!!!
Danke Euch allen!!!! Ich muss mich jetzt erst ein bißchen sammeln... DANKE DANKE DANKE!!! <3"
Poste das auf meiner Facebook-Seite, die sofort explodiert und auch auf der Seite der DKMS, von denen ich so viel Unterstützung erfahren habe. Im Sekundentakt gehen Nachrichten, Kommentare, Sms, Whatsapp-Nachrichten ein, tagelang...
Unzählige, wirklich unzählige Menschen nehmen Anteil an meiner Geschichte, schon seit Monaten, Unzählige haben sich registrieren lassen. Mein Telefon klingelt ununterbrochen.
Ich bin fassungslos. Fassungslos und unendlich dankbar der- oder demjenigen, der mir das Leben retten wird. Denn nichts Geringeres ist sie oder er: mein/e Lebensretter/in!
Dankbar all denen, die sich aufgrund meiner Bitten und Aufrufe haben typisieren lassen. Ich danke Euch allen von Herzen! Ich werde nicht aufhören, für die Knochenmarkspenderdateien zu werben, bitte lasst Euch registrieren, Leben retten kann so leicht sein.
Stellvertretend für all die wunderbaren, rührenden Nachrichten, Posts und Kommentare, die bei mir eingegangen sind, soll das hier stehen - der Facebook-Post unseres Nachbarn und Freundes Boris Bartels:
"SCHON JETZT DER TAG DES JAHRES! Besser geht nicht! Aus dem Flieger steigen, ins Büro fahren und erleben, wie der ganze Innenhof vor Freude heult. Unsere herzallerliebste Nachbarin Bea hat einen STAMMZELLENSPENDER gefunden. Monatelanges Bangen und Hoffen haben sich heute - am Welt-Krebs-Tag(!) - erfüllt. Jetzt kann Rosenmontag von mir aus verregnet sein, Fortuna auf- oder absteigen und sogar die Fönwelle der 45. Präsident werden. Alles egal. Das HEUTE wiegt alles auf!"
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Hier sind die Links zu Spender-Registern in Deutschland:
Unter diesem Link findet Ihr alle beim ZKRD gelisteten Spenderdateien:
wunderbar zu lesen.Ich bin tief berührt und freue mich unendlich,obwohl wir uns nur via FB kennen.Das zeigt einmal wieder, wie wichtig zu eine Kartei ist.Ich hoffe tutiefst,dass die Spende gut verläuft und wünsche Dir für Sein weiteres Leben alle Kraft der Welt.
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