Und natürlich macht der Frühling auch etwas mit mir, morgen sind genau 300 Tage vergangen, seit ich transplantiert wurde, ich kann gar nicht glauben, wie die Zeit vergeht.
Mittlerweile geht es mir leidlich gut, ich taste mich ganz allmählich und in sehr kleinen Schritten zurück in mein Leben. An manchen Tagen mit einigem Erfolg, an anderen komme ich noch immer keine 200m weit, ohne völlig erschöpft auf den nächsten Stuhl zu fallen. Zudem haben mich einige Todesfälle in meinem allernächsten Umfeld ziemlich aus der Bahn geschmissen; im Februar und März sind einige SZT/KMT-Patienten gestorben, mit denen ich über ein Transplantierten-Forum verbunden war, zum Teil wurden sie etwa zur gleichen Zeit wie ich transplantiert - das macht schon sehr nachdenklich. Und nährt natürlich auch Zweifel: habe ich die richtige Entscheidung getroffen?
Natürlich habe ich! Gerade vor einigen Tagen schrieb mir meine Spenderin, die wunderbare, noch immer unbekannte Namenlose, dass sie mir weiter Glück wünscht, dass sie an mich denkt und dass es nun schon so 'bald 2018 ist und wir uns dann endlich sehen können'. Schon deshalb werde ich nicht aufgeben.
Nach wie muss ich sehr regelmäßig zur Kontrolle in die Uniklinik, das dauert immer lange, alles in allem, und ist entsprechend anstrengend für mich. Vor 4 Tagen nun scheinbar, ich wage es immer noch nicht wirklich zu glauben, ein kleiner Durchbruch. Zum ersten Mal seit Monaten und immer wieder schlechter werdenden Blutwerten ist eine deutliche Besserung zu erkennen. Auf dem Papier, aber auch körperlich. Nach wie vor eiern meine Blutwerte zwar an den unteren Grenzen herum, aber das neue Knochenmark arbeitet ziemlich gut, wenn auch nicht mehr so gut wie noch vor einigen Wochen, die Anzahl der produzierten Zellen ist zurück gegangen, dafür stimmt die Qualität und die Dinger zerfallen nicht mehr.
Trotz vieler Rückschläge in den letzten 4-5 Monaten habe und hatte ich immer die Worte "meines" Prof. im Ohr: "Dieses Jahr wird es Ihnen besser gehen...!" Und ich habe ihm immer geglaubt, selbst wenn ich auch in diesem Jahr Phasen hatte, in denen ich den Tränen und der Verzweiflung näher war als dem Glauben an meine Gesundung. Allmählich ändert sich das, ganz langsam zwar, aber meine Werte waren nun schon zum 3. Mal in Folge ein wenig besser, zunächst im 2%-Bereich, letzte Woche jedoch deutlich mehr und das ist nach so langer Zeit des Wartens, der Rückschläge, Schmerzen, Übelkeit, Schlaflosigkeit und Erschöpfung wie ein Lottogewinn. Noch immer muss ich Unmengen an Medikamenten nehmen, ich brauche meist eine halbe Stunde an der Giftkiste, um meine Wochenration zu richten.
Infusionen mit Immunglobulinen und EPO-Injektionen zeigen jetzt erste Erfolge, die zusätzliche Gabe von Biphosphonaten hat mich nach 4 Tagen über Nacht schmerzfrei gemacht. Das kann sich buchstäblich niemand vorstellen. Eben noch der Morphin-Junkie und jetzt: nichts mehr. Alles weg. Ich habe tagelang nicht an mein Glück geglaubt, habe vorsichtig in mich hineingelauscht und andauernd auf die Rückkehr des Drucks gewartet, der mir über Monate das Leben zur Hölle gemacht hat. Aber nein... alles ist gut.
Ok, ich habe massive Probleme mit der Muskulatur, die ist weg, einfach verschwunden, aufgefressen von hohen Dosen Kortison, dagegen kann man auch mit noch so gezielter Physiotherapie nicht so schnell anarbeiten, wie die Muskeln verschwinden. Und zwar alle. Am schlimmsten sind bei mir die Beine betroffen, aber auch Arme und Hände. Treppensteigen? Nur mit Hilfe. Etwas aus dem Küchenschrank heben? Nur, wenn der Gatte in der Nähe ist. Ich versuche trotzdem, gelassen zu bleiben und mich nicht verrückt zu machen. Gelingt leider nicht immer gleich gut.
Ein ebenfalls kortisonbedingter Diabetes ist mittlerweile gut eingestellt, ich muss nur noch einmal täglich Insulin spritzen und komme dank der wie immer hervorragend funktionierenden Zusammenarbeit aller "meiner" Ärzte gut über die Runden, habe mich arrangiert mit all dem, was ich täglich schlucken, spritzen, tropfen muss. Tropfen? Ja... denn die Stammzelltransplantation hat mir ein so genanntes "Trockenes Auge" beschert, das ich selber gar nicht als trocken empfinde. Meine Sehfähigkeit ließ jedoch zunehmend nach. Was morgens noch gut war, ging nachmittags nicht mehr, alles lag doppelt und dreifach übereinander und es war extrem anstrengend, nachher sogar nahezu unmöglich, ab spätnachmittags oder gar am Abend zu lesen oder fernzusehen. Nun muss ich jede Stunde die Augen befeuchten, das ist lästig, hilft aber enorm. Blöderweise haben die Augenärzte auch einen Grünen Star diagnostiziert, der ist nicht ganz so einfach zu behandeln, vor allem nicht mit meiner Vorgeschichte. Aber: kommt Zeit, kommt Rat.
Essen & Trinken funktionieren besser, auch wenn ich immer noch meilenweit entfernt davon bin, alles zu mir nehmen zu können. Seit ein paar Tagen erst darf ich so lange verbotene Genüsse wie ein Scheibchen Salami, ein bisschen Parmaschinken oder gar ein Stück Brie (natürlich kein Rohmilchprodukt) essen und so gönne ich mir jeden Tag eine neue kleine Leckerei. Immer schön vorsichtig und bloß nicht zuviel, sonst folgt die Quittung sofort. Vorbei die Zeiten von Gummi-Gouda und geschmackloser Portionswurst.
Ok, ich habe massive Probleme mit der Muskulatur, die ist weg, einfach verschwunden, aufgefressen von hohen Dosen Kortison, dagegen kann man auch mit noch so gezielter Physiotherapie nicht so schnell anarbeiten, wie die Muskeln verschwinden. Und zwar alle. Am schlimmsten sind bei mir die Beine betroffen, aber auch Arme und Hände. Treppensteigen? Nur mit Hilfe. Etwas aus dem Küchenschrank heben? Nur, wenn der Gatte in der Nähe ist. Ich versuche trotzdem, gelassen zu bleiben und mich nicht verrückt zu machen. Gelingt leider nicht immer gleich gut.
Ein ebenfalls kortisonbedingter Diabetes ist mittlerweile gut eingestellt, ich muss nur noch einmal täglich Insulin spritzen und komme dank der wie immer hervorragend funktionierenden Zusammenarbeit aller "meiner" Ärzte gut über die Runden, habe mich arrangiert mit all dem, was ich täglich schlucken, spritzen, tropfen muss. Tropfen? Ja... denn die Stammzelltransplantation hat mir ein so genanntes "Trockenes Auge" beschert, das ich selber gar nicht als trocken empfinde. Meine Sehfähigkeit ließ jedoch zunehmend nach. Was morgens noch gut war, ging nachmittags nicht mehr, alles lag doppelt und dreifach übereinander und es war extrem anstrengend, nachher sogar nahezu unmöglich, ab spätnachmittags oder gar am Abend zu lesen oder fernzusehen. Nun muss ich jede Stunde die Augen befeuchten, das ist lästig, hilft aber enorm. Blöderweise haben die Augenärzte auch einen Grünen Star diagnostiziert, der ist nicht ganz so einfach zu behandeln, vor allem nicht mit meiner Vorgeschichte. Aber: kommt Zeit, kommt Rat.
Essen & Trinken funktionieren besser, auch wenn ich immer noch meilenweit entfernt davon bin, alles zu mir nehmen zu können. Seit ein paar Tagen erst darf ich so lange verbotene Genüsse wie ein Scheibchen Salami, ein bisschen Parmaschinken oder gar ein Stück Brie (natürlich kein Rohmilchprodukt) essen und so gönne ich mir jeden Tag eine neue kleine Leckerei. Immer schön vorsichtig und bloß nicht zuviel, sonst folgt die Quittung sofort. Vorbei die Zeiten von Gummi-Gouda und geschmackloser Portionswurst.
Das schönste ist sicher, dass mein Geschmackssinn zurück ist, ebenfalls über Nacht, kann man sagen. Plötzlich habe ich wieder GESCHMECKT, Leberwurst war es. Vor lauter Schreck, die SO zu schmecken, musste ich mir gleich noch ein Stückchen Brot toasten und dann hab ich frische Butter draufgeschmiert und ein bißchen Kalbsleberwurst. Und ich hab' es geschmeckt. Alles. Das Brot. Die frische Butter. Und die leckere Leberwurst. Dann musste ich heulen. Und meine Mama anrufen...
Monatelang hatte ich die tollsten Sachen gekocht und einfach nicht runtergebracht, weil es gar zu furchtbar war. Geruch und Geschmack einfach widerwärtig - das war ziemlich einschneidend und wirklich auch belastend. Inzwischen koche ich wieder ganz gerne, wir waren sogar schon ein paarmal zum Essen, das geht jedoch meist schief. Ist einfach so. Irgendwas vertrage ich "immer nicht". Und trotzdem denke ich: ich probiere es aus. Irgendwann wird es klappen. Und ich möchte so gerne mehr Normalität zurück.
Einkaufen ist nach wie vor ein einziges Schielen auf Mindesthaltbarkeitsdaten und Packungsgrößen, heissgeliebte Rohmilch-Käse darf ich nicht essen, keine Erdbeeren, Himbeeren, Blaubeeren. Blatt-Salate und Kräuter müsste ich vor dem Verzehr chloren, da lasse ich es lieber gleich sein. Aber: es gibt jetzt endlich wieder frischen Spargel und den werde ich mir gleich kistenweise zubereiten...
Frühling eben! Und: Hurra, ich lebe noch!
Foto Krokus: pixabay
Monatelang hatte ich die tollsten Sachen gekocht und einfach nicht runtergebracht, weil es gar zu furchtbar war. Geruch und Geschmack einfach widerwärtig - das war ziemlich einschneidend und wirklich auch belastend. Inzwischen koche ich wieder ganz gerne, wir waren sogar schon ein paarmal zum Essen, das geht jedoch meist schief. Ist einfach so. Irgendwas vertrage ich "immer nicht". Und trotzdem denke ich: ich probiere es aus. Irgendwann wird es klappen. Und ich möchte so gerne mehr Normalität zurück.
Einkaufen ist nach wie vor ein einziges Schielen auf Mindesthaltbarkeitsdaten und Packungsgrößen, heissgeliebte Rohmilch-Käse darf ich nicht essen, keine Erdbeeren, Himbeeren, Blaubeeren. Blatt-Salate und Kräuter müsste ich vor dem Verzehr chloren, da lasse ich es lieber gleich sein. Aber: es gibt jetzt endlich wieder frischen Spargel und den werde ich mir gleich kistenweise zubereiten...
Frühling eben! Und: Hurra, ich lebe noch!
Foto Krokus: pixabay